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Mittwoch, 21 Juni 2017 07:00

DigitalerTextildruck: Wann gebraucht man eigentlich welche Textiltinte?

Für das Bedrucken von Textil können verschiedene Tinten verwendet werden. Nicht immer ist deutlich, wann welche Tinte verwendet werden soll. Dieses hängt von verschiedenen Faktoren ab und meistens gibt es auch noch mehrere Möglichkeiten. Am wichtigsten ist, dass in erster Linie eine für den angedachten Endgebrauch taugliche Faser-Farbstoff-Kombination genommen werden sollte, die die hierfür geforderten Echtheiten realisieren kann. Hierbei zu denken ist an Licht, Nässe, Abrieb und Hautkontakt. Des Weiteren spielt der ökonomische Aspekt natürlich auch eine wichtige Rolle – wieviel darf das Endprodukt kosten?

Nicht alle Farbstoffe sind gleichermaßen für jede textile Faser geeignet, da die Faser-Farbstoff-Bindung von der chemischen Struktur des Farbstoffs zum einen und dem physikalischen Aufbau der Faser zum anderen abhängt. Für die unterschiedlichen Faserarten stehen mehrere Farbstoffklassen zur Verfügung.

Die Einteilung der Farbstoffe in verschiedene Farbstoffklassen erfolgt nach ihrer chemischen Struktur oder nach ihrem Anwendungsbereich. Vereinfacht gesehen besteht ein Farbstoff meistens aus 3 Teilen: einem farbgebenden Chromophor (verantwortlich für die Farbe), Endgruppe(n), die für die (Un-)Löslichkeit in Wasser sorgen und Endgruppe(n), die mit der Faser eine Bindung eingehen können.

2 Some ÜbersichtTextiltinten ReaktivfarbstoffeReaktivfarbstoffe sind wasserlösliche Farbstoffe und stellen heute die größte Farbstoffgruppe für Cellulose dar. Cellulosische Fasern sind pflanzlichen Ursprungs, wie z.B. Baumwolle (Samenfaser des Baumwollstrauchs), Viskose (durch Auflösung von Holz oder Bambus) und Leinen (Stängelfaser von Flachs). Reaktivfarbstoffe besitzen eine oder mehrere reaktive Anker (Symbol türkise Hand), daher die Namensgebung, die mit endständigen reaktiven Gruppen der Cellulosefaser (graue Hand) beim Fixieren unter Einfluss von Temperatur (Symbol gelber Blitz) und Wasserdampf (Symbol 3 blaue Wellen) eine kovalente Bindung eingehen können (Symbol Handshake). Dies ist eine permanente Bindung, die für einen fixen Zusammenhalt sorgt, wodurch sich besonders nass- und reibechtechte Farben ergeben. Reaktivfarben übertreffen andere auch in der Farbbrillanz. Wolle, Seide und Polyamid können ebenfalls mit Reaktivfarbstoffen bedruckt werden. Jedoch sind die Lichtechtheiten limitiert und daher ist dieses nur für dunkle Farben geeignet. Die wichtigsten Reaktivfarbstofftypen sind: MCT (Monochlortriazine; langsam reagierend) und VS (Vinylsulfone; schnell reagierend).

2 Some ÜbersichtTextiltinten AcidfarbstoffeAcidfarbstoffe (Deutsch: Säurefarbstoffe) sind wasserlösliche Anionische Farbstoffe. Sie besitzen ein oder mehrere Endgruppen (Sulfogruppen) mit einer negativen Ladung (Symbol grüne Hand). Ihrer Natur nach sind sie für Polyamidfasern (Nylon), Wolle und Seide geeignet. Diese besitzen endständige freie Aminogruppen mit einer positiven Ladung (Symbol rosa Hand). Damit gehen sie beim Fixieren unter Einfluss von Temperatur (Symbol gelber Blitz) und Wasserdampf (Symbol 3 blaue Wellen) eine Ionische Bindung (= Salzbindung) (Symbol Faustgruß) ein. Diese Art der Bindung beruht auf der elektrostatischen Anziehung von positiv und negativ geladenen Ionen. Je grösser die Anziehung desto stärker die Bindung, ähnlich wie zwei Magnete, die einander anziehen.

2 Some ÜbersichtTextiltinten DispersionsfarbstoffeDispersionsfarbstoffe sind wasserunlöslich. In einer sehr feinteiligen Dispersion (eine Art Aufschlämmung in wässrigem Medium) werden sie vorzugsweise für Polyester-, Triacetat- und 2 ½-Acetatfasern (Kunstseide) eingesetzt. Nach der strengen Definition sind es „Pigmente“, die auf Grund der sehr geringen Teilchengröße und durch den Zusatz von Netzmitteln in Wasser leicht dispergieren (keine Auflösung!). Nur mit ihnen lassen sich auf Polyester wasch- und lichtechte Drucke erzielen. Beim Fixieren wird die Kunstfaser durch Temperatur (Symbol gelber Blitz) „aufgeweicht“, es bilden sich Poren, wodurch die Dispersionsfarbstoffe (Symbol türkise Punkte) in das Faserinnere migrieren (= wandern) und sich dort auflösen können. Nach dem Abkühlen sind die Farbstoffteilchen im Molekülgitter gefangen (quasi „eingefroren“). Auch Polyamide lassen sich mit Dispersionsfarbstoffen anfärben, jedoch die Echtheiten sind teilweise schlechter im Vergleich zu Acidfarbstoffen (s.o.).

2 Some ÜbersichtTextiltinten PigmentfarbstoffePigmentfarbstoffe sind wasserunlösliche Farbstoffe. In einer sehr feinteiligen Dispersion (eine Art Aufschlämmung in wässrigem Medium). Chemisch gesehen sind es unlösliche Salze. Im Textildruck werden sie mittels Bindemittel (Symbol hellblauer Tropfen) auf die Textilfaser aufgebracht und unter Einfluss von Trockenhitze (Symbol gelber Blitz) fixiert (Kondensationsreaktion), wodurch eine mechanische Haftung auf der Faser zustande kommt. Das Bindemittel bildet einen Film (hellblaue Linie) auf der Faser und schließt die Pigmente (Symbol türkise Punkte) darin ein. Da dies nicht faserspezifisch ist, sind sie im Prinzip für alle Faserarten geeignet. Für eine gute und v.a. vollständige Bindervernetzung ist es wichtig, dass der bei der Fixierung entstehende Wasserdampf (Symbol 3 blaue Wellen) aus dem Reaktionsraum abgeführt wird. Pigmentfarbstoffe zeichnen sich durch besonders gute Lichtechtheiten aus, aber die Reib- und Nassechtheiten sind geringer, da letztlich keine weitere chemische Kopplung an die Faser vorliegt. Die Reibechtheiten sind für dunkle Farben nicht ausreichend. Sie werden im konventionellen Druck vor allem bei preiswerten Artikeln angewandt.

Zeichenerklärung der Symbole zu den Abbildungen der obigen Reaktionsmodelle:

gelber Blitz = Hitze/Energie-Einwirkung zur Beschleunigung der Reaktion

3 blaue Wellen = Wasser(dampf), wässriges Reaktionsmedium

türkise Hand = reaktive Ankergruppe von Reaktivfarbstoffen

graue Hand = endständige reaktive Gruppe der Cellulosefaser

Handshake = kovalente Faser-Farbstoff-Bindung, permanente Bindung

grüne Hand mit Minuszeichen = negative Ladung von endständiger Gruppe am Acidfarbstoff

Rosa Hand mit Pluszeichen = positive Ladung von endständiger Aminogruppe

Faustgruß = Ionische Bindung (Salzbindung)

hellblauer Tropfen = Binder

 

Tabelle 1: Zusammenfassung der möglichen Faser-Farbstoff-Kombinationen2 Some ÜbersichtTextiltinten Tabelle1 ZusammenfassungFarbstoffe

 

 

 

 

 

 

 

 Tabelle 2: Vergleichende Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte2 Some ÜbersichtTextiltinten Tabelle2 ZusammenfassungAspekte

 

Die genannten Eigenschaften und Echtheiten werden bei Reaktiv-, Acid- und Direkt-Dispersionstinten nur erreicht, wenn der Druck nach der Fixierung ausreichend ausgewaschen wurde, also aller unfixierter Farbstoff entfernt wurde. Wie bereits gesagt, aber es kann nicht genug betont werden, ist es am wichtigsten in erster Linie eine für den angedachten Endgebrauch taugliche Faser-Farbstoff-Kombination zu wählen. Weil diese Wahl oft schwierig ist, haben diverse Druckerhersteller Hybriddrucker in ihr Lieferprogramm aufgenommen. Durch 2 Farbstoffgruppen darin zu kombinieren kann eine breitere Palette Fasern bedruckt werden. Allerdings geht dies zu Kosten der Anzahl Köpfe und damit der Geschwindigkeit. Es müssen schließlich zwei komplette voneinander unabhängige Drucksystem mit jeweils eigener Tintenzufuhr im Printer sein. Wichtig ist, dass man sicher weiß, dass man beide Farbstoffgruppen braucht. Wenn eine Farbstoffgruppe wenig benützt wird, besteht das Risiko von Düsenverstopfung und Tintenalterung. Dazu kommt noch, dass beim Spitting während des Druckens und beim Cleanen Farbstoff verbraucht wird, der in dem Moment nicht verwendet wird. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit Reaktivfarbstoffe mit einem entsprechenden Inkjet-Coating als Acidfarbstoff zu verwenden. Auch damit eröffnen sich extra Möglichkeiten um z.B. neben allen natürlichen Fasern auch Polyamid- (Nylon-Fasern zu bedrucken. Pigment ist bereits von sich aus ein Hybridfarbstoff und kann im Prinzip für jede Faser gebraucht werden. Farbraum, Nass- und Reibechtheiten sind allerdings weniger gut. Außerdem sind die Tinten meist teurer (per Liter, aber auch mehr Auftrag nötig), wodurch der Kostpreis des Endprodukts höher wird.

von Sonja Müller, Dipl.-Ing. Textilchemie/Textilveredlung und Jaco Kramer, Dip.-Ing. Chemische Technologie und Textil, 2-some

Mehr Informationen: http://www.2-some.com

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