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Mittwoch, 06 April 2016 07:25

Digitaldruck mit PIGMENT

Traditionell hat im konventionellen Textildruck Pigment seit jeher den größten Anteil mit rund 50%. Neben den (viel) niedrigeren (Produktions-) Kosten, und im Vergleich mit Reaktiv den höheren Lichtechtheiten, ist der Pigmentdruck bekannt als ein relativ einfacher und billiger Prozess ohne die Notwendigkeit von Nassprozessen (Dämpfen, Waschen und evtl. selbst Warenendausrüstung). Vor allem das Wegfallen von Nassprozessen ist ideal, da keine umfangreiche Infrastruktur erforderlich ist. Letzteres gilt übrigens auch für den Dispersions-Transferdruck. Darüber hinaus sind Pigmente auch noch universell einsetzbar für jede Faser, aber auch geeignet für Fasermischungen, wie z.B. Baumwolle-Polyester und andere.

Da sich Pigmente im Allgemeinen durch hohe Lichtechtheiten auszeichnen, macht sie dies besonders geeignet für Objekttextilien und den privater Wohnbereich, man denke an Gardinen, Möbelbezugsstoffe. Aber auch Bett- und Tischwäsche wird traditionell oft mit Pigment gedruckt.

Pigmenttinte im Digitaldruck gibt’s zwar schon ein paar Jahre, war aber aufgrund der Lauffähigkeit der Tinte immer mit einem höheren Wartungsaufwand verbunden und nicht für jedermann weggelegt. Darüber hinaus sind die Tintenkosten höher und einige Echtheiten und der Farbraum nicht ausreichend. Zudem kam der Anwender nicht um eine extra Vor- oder Nachbehandlung herum, weil man in einer Tinte schlichtweg nicht alle Chemie unterbringen kann, die in eine Siebdruckpaste wohl passt. Hauptvorteile, so wie sie im konventionellen Pigmentdruck gelten, also billiger, einfacher und eine simple Infrastruktur, waren im Digitaldruck bislang nicht gegeben. Da die meisten Digitaldrucker eine große Variation an Druckmedien verarbeiten (wollen) ist ein universelles Druckverfahren, das keine großartigen Anforderungen an vor- und nachgelagerten Prozessen stellt, noch stets sehr attraktiv.

Was ist Pigmentdruck eigentlich? Und wann ist eine Farbe ein Pigment und wann ein Farbstoff?

Farbpigmente sind farbgebende Substanzen, die im Gegensatz zu Farbstoffen in Wasser komplett unlöslich sind. Es sind kleine (gemahlene) Teilchen, die in wässrigem Medium aufgeschlämmt vorliegen. Maßgeblich für die Eigenschaften der Pigmente sind u.a. Teilchengröße und Teilchengrößenverteilung. Letztere bestimmen die spezifische Oberfläche, die wiederum für die Streuung und Reflexion des Lichts verantwortlich sind, und damit die Farbe ausmachen. Pigmente besitzen keinerlei Anziehungskraft zur Faser. Dies im Gegensatz zu den anderen Farbstoffen, die in der einen oder anderen Weise mit der Faser “reagieren“.

Wie werden dann Pigmente an die Faser gebunden?

Die Haftung von Pigment auf der Faser wird mit Hilfe eines Bindersystems (eine Art Klebstoff) erreicht. Darum sind Pigmente auch nicht faserspezifisch, sondern sind im Prinzip für jede Faser geeignet. Allerdings hat die Oberflächenbeschaffenheit der Faser einen Einfluss auf das Haftungsvermögen von Pigment; auf natürlichen Fasern mit einer raueren Oberfläche haftet Pigment besser als auf einer glatten Kunstfaser. Es gibt unterschiedliche Bindersysteme, die sich in puncto chemischer Basis unterscheiden. Neben bindenden Eigenschaften unterscheiden sich diese auch in Bezug auf Vergilbung und Haptik (wie sich die Oberflächenstruktur anfühlt). Je nach gewünschtem Resultat müssen geeignete Komponenten in der Rezeptur aufeinander abgestimmt werden. Während des Fixiervorgangs wird das Pigmentteilchen im Binderfilm verankert. Die Filmbildung (dreidimensionale Bindervernetzung) erfolgt in einem Kondensationsprozess unter Wasserabspaltung mittels Trockenhitze. Eine der Risiken hierbei ist, dass wenn zu wenig (aneinander anschließender) Binder vorliegt, sich kein geschlossener Film bilden kann. Es entstehen Filmöffnungen oder -risse (zu vergleichen mit Schweizer Käse). Ein poröser Binderfilm bietet Angriffspunkte bei einer späteren Nassbehandlung (Wäsche) und ist darum anfälliger für Farbabrieb durch Waschprozesse. Dies wiederum führt zu schnellem Farbverlust und zu Faltenmarkierung. Vor allem letzteres ergibt ein unschönes Aussehen und wird direkt als fehlerhaft beurteilt.

Die Frage, warum ein Inkjet-Coating eigentlich nötig ist, wird damit auch deutlich. Im Pigmentdruck sorgt ein spezielles Inkjet-Coating, abgestimmt auf den zu bedruckenden Fasertyp für die gewünschten Produkteigenschaften beziehungsweise ist verantwortlich für dessen Gebrauchstüchtigkeit.

Das Inkjet-Coating ist verantwortlich für folgende Faktoren:

- kontrollierte Tintenpenetration

- Reduktion der kapillaren Saugfähigkeit der Faser

- maximierter und gleichmäßiger Farbaufbau

- besseres Druckbild und -definition

- und am wichtigsten: bessere Farbechtheiten (Reib- und Waschechtheiten)!

Neben der Zusammenstellung der richtigen Coating-Chemie ist es auch wichtig, dass die Vorbehandlung gleichmäßig aufgebracht wird. Partiell weniger oder mehr Chemie macht sich direkt im Druckresultat und den Wasch-und Reibechtheiten sichtbar.

Des Weiteren nicht zu vergessen ist die konventionelle Druckvorbehandlung des Stoffes wie z.B. bei Baumwolle: Entschlichten, Waschen, Bleichen, Merzerisieren und ähnliches. Diese Druckvorbehandlung ist maßgeblich für die Qualität des Endprodukts entscheidend und wird manchmal auch als PFP-Textil (Prepared For Printing) bezeichnet. Allerdings bleibt die Tatsache, dass Pigment nur auf die Faser aufgeklebt wird. Dies weist gleich auf den Nachteil von Pigment hin, nämlich dass die Wasch- und Reibechtheiten im Allgemeinen niedriger sind als bei anderen Farbstoffgruppen. Vor allem im Rahmen der Produkthaftung sollte dieser Punkt nicht vergessen werden. Allerdings ist die Pigment-Tintenentwicklung nicht still gestanden. In letzter Zeit tut sich einiges auf diesem Gebiet.

Eröffnet dieses neue Perspektiven?Den Anschein erweckt es wohl, nachdem auf der Heimtextil viel Anbieter Pigment einen neuen Impuls gegeben haben, etwas das auf der FESPA eine Fortsetzung bekommen hat. Wichtig dabei ist, dass das Endprodukt in Bezug auf die Kriterien:

- Preis

- Echtheiten

- Farbraum

die Anforderungen ihres Pflichtenhefts erfüllt, aber auch hinsichtlich:

- der Sicherheitsbestimmungen, insbesondere für öffentliche Räume/Gebäude (Brandschutznormen), aber auch bei Personengebrauch

- Bestimmungen hinsichtlich von Emissionen an die Umgebung (Ausdünsten, Geruch)

- bei Hautkontakt die Hautverträglichkeit, Atmungsaktivität des Stoffes, Schadstoffe, allergenes Potential

- Prüfzertifikate

- Formbeständigkeit (knitterfest), Maß-Stabilität, Scheuerfestigkeit (Reibechtheit nass ISO 1833), Strapazierfähigkeit (Reißfestigkeit), Vernähbarkeit

- Pflegekennzeichnung

Worauf muss ich achten?

Um als Produzent hierzu eine Aussage machen zu können, ist es wichtig zu wissen, wie gut ein Produkt ist. Ein Pflichtenheft dient der Erfassung aller relevanten Punkte, wie u.a.

- Nachfrage bei Lieferanten von technischen Datenblättern; garantierte Echtheiten (z.B. Lichtechtheit) und erreichbare Echtheiten bei richtiger Anwendung (Wasch- und Reibechtheiten); Auszeichnungen / Zertifikate (z.B. ÖkotexÒ 100 und ÖkotexÒ Eco Passport, GOTSÒ)

- Laufeigenschaften der Tinte, Wartungsaufwand bei „normalem“ Gebrauch?

- wieviel ml der kostbaren Tinte fällt als „Waste“ an (wie oft Purgen?)

- wieviel ml/qm wird bei verschiedenen Resolutionen aufgebracht? (Auftragsmenge zur Kostpreiskalkulation des Endprodukts)

- Inkjet-Coating ja/nein, welche Chemie?, wie aufbringen?

- Fixieren nach Drucken/Trocknen; welche Temperatur/Zeit?, welcher Gerätetyp?

- Ist das Aufbringen eines Finishings erforderlich? (Griffverbesserung, Vernähbarkeit, Easycare-Eigenschaften, usw.)

- unbedingtes MUSS: eigene Tests zur Bestimmung der Gebrauchstüchtigkeit (z.B. Wasch- und Reibechtheiten)!

Für die Bestimmung von Wasch- und Reibechtheiten gelten DIN Normen, die eine Laborumgebung voraussetzen.

Wie kann ich selber testen?

Indikativ kann man auch im kleineren Rahmen eigene Untersuchungen durchführen, vor allem wenn man mehrere Anbieter miteinander vergleichen will.

Für die Waschechtheiten bedarf es nur einer Haushaltswaschmaschine, einem Standard-Waschprogramm für 40 bzw. 60°C und einer Standardfüllung (Begleittextil zur Simulation einer vollen Waschmaschine). Ein Teil des Musters wird immer zurückgehalten und dient später als Referenzmuster, der Rest wird ein- oder mehrmals gewaschen. Die Parameter des Waschprogramms und die Art/ Menge des „Begleittextils“ müssen dabei immer dieselben sein (hauseigener Standard). Nach der Wäsche wird das Muster an der Luft getrocknet und abschließend insbesondere bezüglich der Kriterien Farbe und Faltenmarkierung vor/nach dem Waschen beurteilt.

Die Indikation der Reibechtheiten kann wie folgt gecheckt werden: man spannt einen weißen Baumwolllappen um den Finger und reibt das Druckmuster auf einem Streifen von 10cm mehrmals (10 Mal) mit leichtem Druck hin und zurück. Dann schaut man, wieviel Farbe auf den weißen Baumwolllappen abgerieben wurde. Wenn man einen trockenen Lappen zum Reiben nimmt, bekommt man eine „Trockenreibechtheit“; bei einem nassen Lappen dementsprechend eine „Nassreibechtheit“. Wichtig dabei ist, dass beide Tests bei dunklen Farben (Vollton) und wenn möglich hellen Farben (light Variante) durchgeführt werden; am besten auch mit den puren tiefsten Prozessfarben. Oben genannte einfache Tests sind nicht nur sinnvoll, wenn man sich mit der Frage beschäftigt, ob man in den Pigmentdruck einsteigt, sondern auch, wenn man sich von verschiedenen Anbietern den für sich passenden aussuchen will. Darüber hinaus kann man damit auch eine Aussage über die Produktqualität machen. Als Produzent hat man außerdem die Pflicht hierüber seine Kunden zu informieren, auch im Hinblick auf die Produkthaftung.

Beispiele:

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Welche Informationen brauche ich?

Von jedem Hersteller, sowohl von Druckern als auch von Farbstoffen, kann erwartet werden, dass ein technisches Datenblatt bereitgestellt werden kann. Im technischen Datenblatt sind die wichtigsten Eigenschaften vermerkt:

- Farbpalette im Vollton und evtl. Lightvariante

- Echtheiten mit jeweiliger DIN Normierung, wie z.B. Waschechtheit, Reibechtheit, trocken und nass, Schweißechtheit (bei Produkten mit Hautkontakt), Lichtechtheit

- Vor- und Nachbehandlung?

- Fixiertemperatur und -zeit

Letzteres ist u.a. wichtig um die benötigte Produktionskapazität kalkulieren zu können.

- Die Tintenauftragsmenge in ml/qm für einen Vollton (tiefste Farbe)

 

von Sonja Müller, Dipl.-Ing. Textilchemie/Textilveredlung und Jaco Kramer, Dip.-Ing. Chemische Technologie und Textil, 2-some

Mehr Informationen: http://www.2-some.com

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